Beim Versuch, Revue passieren zu lassen, wie dieses Hörbuch entstanden ist, kommt mir unweigerlich eine Phrase in den Sinn: Es war einmal. Und tatsächlich liegen die Anfänge schon einige Zeit zurück. Aber auch in anderer Hinsicht trifft es war einmal den Kern der Sache, dieser Auftakt, mit dem in unseren Breiten Märchen für gewöhnlich einsetzen.
Und also beginnt es auch in hier mit: Es war einmal. Ein Zufall – sofern es den überhaupt gibt und nicht ohnehin alles Fügung ist – denn schließlich braucht es, um den Zufall zu ermöglichen, auch die Akteure, die der Zufall oder eben Nichtzufall in Beziehung setzt. Und dann genügt ein entsprechender Anlass, der dem Zufall den ihm gebührenden Raum verschafft und schon kommt alles wie von selbst in Gang.
Es war einmal vor nicht ganz so langer Zeit: Ein Theaterstück – der Titel tut hier nichts zur Sache – das Herr Guan zusammen mit Frau Wang besuchte und als das Stück zu Ende war, machte Herr Guan, der ein Freund des Autors ist, diesen mit Frau Wang bekannt.
Und da dachte Frau Wang, und sie sagte es auch, vielleicht sollten wir ein Kunstprojekt starten. Der Autor stimmte zu. Indes, gesagt war’s gleich, getan jedoch, das dauert eben. Zunächst galt es zu klären, welches Terrain man damit beschreiten wolle. Also ging der Autor nachhause und dachte drüber nach. Und als er genug nachgedacht hatte, kam ihm die Idee: „Wie wär’s, wenn wir ein Hörbuch machen.“ Frau Wang war gleich hellauf begeistert: Das kann man sich zuhause anhören oder im Auto oder man kann es sich auf seinen iPod laden. Man schenkt es sich selbst oder man kann anderen damit eine Freude machen, zu Weihnachten oder zum chinesischen Neujahr vielleicht.
Blieb nur noch die Frage, was darauf zu hören sein sollte. Der Autor wusste auch darauf eine Antwort: Fabeln, Märchen. Damit kannte er sich zwar nicht aus, das heißt, er kannte sich schon mit Märchen aus, weil er gern selbst Märchen erzählte, aber erstens waren die nicht unbedingt für die Öffentlichkeit gedacht, und zweitens sollten sie halt doch chinesisch sein, zumindest dem Inhalt nach, und solche Märchen waren dem Autor nicht geläufig oder eben einfach nur chinesisch, was des Wieners Ausdruck ist, wenn er von gar nichts eine Ahnung hat.
Doch wusste Frau Wang nun Rat und sie ließ vom Schreibtisch des Herrn Doktor Trappl ein Buch verschwinden, eine Sammlung von Sagen und Märchen erschienen im Wieser Verlag.
Da war nun zwar der Autor als Autor arbeitslos, aber er sagte sich, dann bin ich eben Regisseur und zum Glück hatte er auch darin schon Erfahrung – zumindest kannte er die richtigen Leute, an die er sich wenden konnte, weil sie ein Studio besaßen und wussten, welche Knöpfe und Hebel man in Bewegung setzen musste. Denn davon hatte der Autor, nunmehr Regisseur, auch keine Ahnung. Aber lesen, lesen, das konnte er immerhin und wählte die Geschichten aus, die sich für ein Hörbuch eignen würden. Jetzt brauchte es noch eine Vorleserin, denn vorlesen, man ahnt es schon, konnte der Autor und Regisseur dann halt auch wieder nicht. Eine Vorleserin musste also her, und die war nach zwei fehlgeschlagenen Versuchen endlich gefunden, vermittelt durch, wie sollte es anders sein, Frau Wang.
Die Wahl erwies sich als Glücksgriff, denn die Stimme und der Ausdruck von Doris Dornetshuber zog das Team sofort in ihren Bann und ich wette, wenn Sie eines dieser Märchen hören, wird es Ihnen genauso gehen.
Dem Hörbuch oder vielmehr jeder einzelnen Geschichte liegt ein Klangkonzept zugrunde. Und zwar wird jede mit einer kurzen musikalischen Kennung eingeleitet und sie hört so auch wieder auf. Was die Texte betrifft, so ging unsere Intention dahin, ihnen ein Klangbild zu verleihen, eine akustische Zeichensetzung, die den Inhalt auf einer metasprachlichen Ebene verdeutlichen soll. Dabei haben wir ganz bewusst davon Abstand genommen, einen Soundteppich zu erzeugen, also so etwas wie Cinemascope für die Ohren, dazu sind die Geschichten zu fragil, als dass man mit ihnen auf diese Weise verfahren dürfte. Wir haben vielmehr versucht, jeder Geschichte ein Instrumentarium und eine Melodik zuzuordnen, die wir nicht durchgängig eingesetzt haben, sondern dort und nur dort, wo man sie braucht.
Ein weiteres Problem war: Der Titel: Ich plädierte von Anfang an für den weltweit wohl meist gedruckte Satz – kein Zitat, erst recht kein literarisches oder sonst irgendein Druckwerk reicht da auch nur annähernd heran – gedruckt nämlich nicht nur auf Papier, sondern auch auf diverse andere Materialen lautet : „Made in China“.
Es gab Einwände, gerade deshalb klinge der Titel inflationär oder gar billig. Ich halte dem entgegen, billig ist, was wir für billig erklären, wertvoll hingegen das, dem wir Wert beimessen. Und gemessen an der Arbeit, die wir da hineingesteckt haben, waren wir alles andere als teuer. Aber das Produkt, das wir Ihnen präsentieren dürfen, ist uns sehr viel wert. Und vielleicht können wir ja damit ein wenig dazu beitragen, dass „Made in China“ eine etwas andere Bedeutung erfährt, nämlich dass es sehr wohl für Qualität spricht, jedenfalls in künstlerischer Hinsicht. In diesem Sinne danke ich dem Konfuziusinstitut für das Vertrauen, das mir entgegen gebracht wurde, vielen Dank meinen technischen und musikalischen Mitarbeitern Gernot Manhart und Tobias Leibetseder vom Blauschachtstudio und den Multiinstrumentalisten Romina Mayer und Christoph Schwarz. Ich danke dem Verlag für die Übernahme und Ihnen danke ich für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit.
Post Scriptum: Regisseur ist immer der, der zwar Einfälle hat, aber sonst nicht viel kann, außer, mit den richtigen Menschen zusammenzukommen bzw. sie zusammenzubringen. Und vielleicht ist ja er der Ermöglicher des alles bestimmenden Zufalls oder eben Nichtzufalls, wer weiß.
Peter Danzinger